Abziehbilder selbst gemacht
Eisenbahn Kurier 08/00

Zu Christian Martens' SeiteZu Christian Martens' Seite
Beschriftungen (nicht nur) für die Modellbahn.
Ein Artikel von Christian Martens
Beschriftungen für Modelleisenbahnen - für den Modellbauer die höchste Hürde? Auf der ewigen Suche nach Lösungen für dieses alten Problem ist unser Autor Christian Martens auf eine verblüffend einfache und preiswerte Lösung gestoßen: "Micro Dry Color Printer" heißt das Zauberwort. Um es vorweg zu nehmen, Drucker, die nach diesem System arbeiten können, weiße(!) Farbe wasserfest auf nahezu alle Trägermaterialien aufbringen.
Das Ergebnis Abb. 1, links:
Unter einem Fahrdraht kommt das ferige Modell natürlich erst richtig zur Geltung. Das Motiv ähnelt der Vorlage aus dem EK.
Die Modellbahnindustrie beschriftet heutzutage die schönen bunten Eisenbahnmodelle in der Regel nach dem Spritzlackieren im Tampondruckverfahren. Während das Spritzlackieren mit der Airbrush noch für jeden versierten Modellbauer zu bewältigen ist scheidet der Weg der Beschriftung durch Tampondruck wegen des hohen technischen Aufwandes für den Selbstbauer von vorne herein aus.
Die Vorlage Abb. 2, links:
Das aus dem Eisenbahn-Kurier 11/99 (Seite 61, Aufnahme TfG) eingescannte und bereits beschnittene Foto ist zur Weiterverarbeitung vorbereitet.
Was bisher bleibt ist Möglichkeit des selber Beschriftens mit handelsüblichen Abziebildern (Naßschiebern) oder Aufreibebeschriftungen. Aber nicht alle benötigten Schriftzüge und Zeichen sind verfügbar. Dann ist Schnippeln und Fummeln angesagt. Das Ergebnis sieht eventuell entsprechend krumm und schief aus. Hier bietet das im folgenden beschriebene Verfahren endlich die gewünschte Lösung.
Das Foto im PC zur weiteren Bearbeitung Abb. 3, links:
Das mit einer Auflösung von 300 dpi eingescannte Foto wird mit einem Bildbearbeitungsprogramm nachbearbeitet.

Abb. 4, rechts:
Aus dem Scan wurde mittels Zauberstab der Text herausgenommen und in einer neuen Ebene abgespeichert.
Der bereits freigestellte und invertierte Text
Die Ausstattung
Voraussetzung ist, das man über die notwendige Hard- und Software verfügt. Als Hardware reichen ein Personalcomputer, ein handelsüblicher Scaner und ein spezieller Drucker aus, der nach dem "Micro Dry Color Printer"-Verfahren druckt. Solche Drucker werden von den Firmen Alps, Citizen und Oki ab ca. 800,00 DM angeboten. Im Gegensatz zum Tintenstrahdrucker, der mit einer flüssigen Farbe arbeitet, funktioniert der hier verwendete Drucker mit einer "trocknen" Farbe. In dem Gerät befinden sich bis zu vier verschiedene Patronen, die mit den Farbbändern ähnlich einem Carbonband aus den alten Typenraddruckern vergleichbar sind. Neben den bekannten Farben schwarz, cyan, margenta und gelb können zusätzlich noch weiße, goldene und silberne Farbkartuschen eingesetzt werden.
Der Schriftzug

Der Schriftzug nach der abschließenden Bearbeitung
Abb. 5, links oben:
Ein Bildschirm-Ausdruck des großen Schriftzugs, der mit nur wenigen Arbeitsschritten aus dem eingescannten Bild erstellt wurde.

Abb. 6, rechts:
Die fertige Druckvorlage enthält außer den für das H0-Modell benötigten Inhalten auch gleich welche für die Spur N. Als Reserve wird jeweils ein Motiv zusätzlich gedruckt.

Abb. 7, links unten:
Die abschließende Bearbeitung des eingescannten Schriftzugs wird mit einem Grafikprogramm wie z.B. Corel Draw vorgenommen. Zusätzlich benötigt man zum vollständigen Beschriften der Fahrzeuge noch die Schrifttypen, die von der DB verwendet werden. Es gibt sie von Adobe oder Linotype, sie sind aber auch als Shareware von Softmaker erhältlich.
Die Druckvorlage
Für die Erstellung der Druckvorlagen wird softwareseitig ein Bildbearbeitungs- und ein Grafikprogramm benötigt. Und zu guter letzt braucht man die Schrifttypen, die die Bahn verwendet. Diese bekommt man zum Beispiel von den Firmen Adobe oder Linotype oder als Shareware von SoftMaker. Als Printmedium kann transparentes Abziehbildpapier der amerikanischen Firmen Micro Marks, Walthers, oder Microscale verwendet werden. Diese Papiere und weiteres Zubehör sind auch bei deutschen Händlern erhältlich.
BR 120 mit weißem Schriftzug
Am Beispiel der Umbeschriftung einer Elektrolokomotive der BR 120.0 zur 120 004-7 werden die einzelnen Schritte des Erstellens der Abziehbilder gezeigt. Das Motiv wurde gewählt, weil es sich hierbei um eine weiße Beschriftung handelt. Farbige Abziehbilder ohne weiß lassen sich auch mit normalen Tintenstrahldruckern wasserfest selber herstellen. Als Bildvorlage dient das Foto der 120 004-7 aus dem Eisenbahn-Kurier 11/99 auf Seite 61.

Das Bild wurde mit einer Auflösung von 300 DPI eingescannt und dann mit dem Bildbearbeitungsprogramm Photoshop von Adobe nachbearbeitet. Dazu wird der Schriftzug "1. Hochleistungslok mit Scheibenbremsen" und das ABB-Logo mit dem sogenannten Zauberstab markiert und anschließend mit der Füllfarbe schwarz versehen. Mit den Befehlen "Ausschneiden" und "Einfügen" wird nur dieser markierte Teil des Bildes in eine neue Seite eines Grafikprogramms eingefügt und auf das richtige Maß gebracht, passend zu unserem HO-Modell von Fleischmann.
Das Ergebnis Abb. 8, links:
Im Vergleich mit dem Vorbild kann unsere selbstgefertigte Beschriftung der Fleischmann-Lok durchaus bestehen Durch den Überzug mit Klarlack haben Lok und Abziehbilder den gleichen Glanzgrad. Außerdem werden die Schnittkanten der Trägerfolie fast unsichtbar und die Beschriftung wird griff- und abriebfest.
Von einer möglichst großen Vorlage wird nach dem gleichen Verfahren das DB-Symbol hergestellt. Auch hier wird nur der weiße Teil erstellt und als schwarze Druckvorlage abgespeichert. Das Orientrot (Ral 3031) ist nur sehr schwer mit einem Farbdrucker zu erzeugen, außerdem hat der Untergrund schon durch die Verwendung eines transparenten Trägerfilms den richtigen Farbton. Die letzte Hürde ist die korrekte Schrifttype für die Loknummer 120 004-7. Diese erhält man, wenn man ein TrueTypeFont mit der Schriftart "DIN 1451, Fette Mittelschrift, alternate" verwendet. Nachdem alle Bestandteile der Druckvorlage erstellt und auf das richtige Maß gebracht worden sind kann mit den letzten Vorbereitungen für den Druck des Abziehbildes begonnen werden. Von den Loknummern werden vier Kopien und von allen anderen Vorlagen zwei auf eine Druckseite gebracht. In den Drucker wird ein weißes Farbband eingelegt. Das Weiß entspricht in etwa dem von der Deutschen Bahn AG verwendeten verkehrsweiß (Ral 9016).
BR 120 von Fleischmann
Für unsere Umbeschriftung haben wir eine orientrot lackierte Lok der Baureihe 120 von Fleischmann verwendet (Nr. 4352). Alle Loknummern und die DB-Zeichen werden mit einem Lösungsmittel vorsichtig abgewaschen. Anschließend können die Abziehbilder aufgebracht werden.
Das Aufbringen der Abziehbilder Abb. 9, links:
Mit einem Probedruck auf einer Overhead - Projektor - Folie läßt sich die exakte Größe sowie die Lage der Beschriftung direkt am Modell überprüfen. Als Vorlage dient dabei das Foto aus dem Eisenbahn - Kurier.

Die fertige aufgebrachte Beschriftung

Abb. 10, oben:
Fleischmanns BR 120 ist komplett neu, einem konkreten Vorbild entsprechend beschriftet worden und bereit für den ersten Einsatz auf der Anlage.
Die Eigenschaften der mit diesem Druckersystem erstellten Abziehbilder entsprechen grundsätzlich jenen, die auch handelsübliche Abziehbilder haben. Der Film, der bei unserem Beispiel verwendet wird stammt von Walthers und ist extrem dünn. Damit er beim Übertragen auf das Modell nicht beschädigt wird und nicht vom Trägerpapier wegschwimmt wird er nur ca. 10 Sekunden ins Wasser getaucht. Anschließend wird das gesamte Abziehbild 30 bis 60 Sekunden auf das Modell gelegt. Dann wird der Film vom Trägerpapier herunter geschoben und in die gewünschte Position gebracht. Wenn nötig sollte für diesen Vorgang noch etwas Wasser hinzu gefügt werden.

Nachdem der Film vollständig durchgetrocknet ist wird das Modell vollständig mit Klarlack überzogen. Der Klarlack hat drei Vorteile:
  • Lok und Abziehbilder haben den gleichen Glanzgrad.
  • Die Schnittkanten der Trägerfolie werden fast unsichtbar.
  • Die Beschriftung wird griff- und abriebfest.
Da der Lokkasten quer durch die Seitenwand eine Trennungsfuge aufweist, muss der Abziehfilm hier zuerst mit einem schrafen Cutter oder einer Rasierklinge behutsam durchgetrennt werden. Danach wird das Lokmodell vollständig zerlegt. Auf jeden Fall müssen die klaren fenster und die Lapeneinsätze entfernt werden. Zum Überlackieren wurde matter Acryllack von Weinert genommen. Dieser Lack greift die Abziehbildfolie nicht an.
RMC Jubelwagen 1 Abb. 11, links:
Auch Werbe- oder Jubiläumsmodelle lassen sich mit dieser Methode in kleiner Auflage schnell und preiswert mit einem professionellen farbigen Finish erstellen. Hier zwei selbst beschriftete Modelle der Rodgauer Modellbahn Connection e.V. in den Baugrößen H0 und N.

Abb. 12, rechts:
Das N-Modell eines EKW 49 aus amerikanischen Armee-Beständen wurde ebenfalls mit selbst angefertigten Abziehbildern versehen. Ein ausführlicher Bericht über die Entsteheungsgeschichte dieses Modells wird in einer späteren Ausgabe de Eisenbahn-Kurier erscheinen.
selbst beschrifteter EKW 49
Beschriftungen, die nach diesem Verfahren hergestellt wurden, können sich sehen lassen. Auch die Fotos der anderen Modelle, die in diesem Artikel gezeigt werden, belegen dies ebenso eindrucksvoll wie die zur Werbelok verwandelte BR 120 von Fleischmann.

Weitere Informationen mit zahlreichen Links zu diesem Thema sind auf der Homepage unseres Autors unter der URL http://home.t-online.de/home/chr.martens/decals.htm zu finden.
Text, Modellbau und Fotos: Christian Martens

Zum Seitenanfang Zum Seitenanfang   Home | Neu bei uns | Aktionen | Module | Mitglieder | Presse | Service | Diskussion © RMC e.V.